Zurück zu den Wurzeln: Courbets “Eiche von Flagey” kehrt heim

File:Gustave Courbet - Le chêne de Flagey.jpg

Eigentlich ist es nur ein Baum. Und doch so viel mehr, dieses Portrait von einer Eiche, das Gustave Courbet 1864 schuf. Es weilte lange fern der Heimat und hat jetzt die Chance zurück zu kehren. Hier ist seine Geschichte.

Das Gemälde ist ein Cosmopolit

Einst im Besitz von Juliette, der Schwester Courbets, wurde es von ihr an den amerikanischen Bankier und Sammler Henry C. Gibson verkauft.  Dieser vermachte das Werk 1896 an die Pensylvania Academy of Arts. Dort hielt es sich bis 1987 auf und wanderte dann zu Sotheby‘s New York, wo es überraschenderweise  nicht nach Frankreich ging, das damals kein Interesse bekundete, sondern nach Japan, in das Privatmuseum von Michimasa Mirauchi im Westen von Tokio. Sein Museum besass bereits knapp 10 Werke von Courbet, doch dieses wurde das wichtigste Werk seiner Sammlung.

Aber das Gemälde wird nicht in Japan bleiben.  Als der Japanische Sammler im März 2012 beschliesst, sich von dem Gemälde zu trennen, erkannte das frisch renovierte Museum von Ornans die Gelegenheit: Mit Hilfe von Spendengeldern und der öffentlichen Hand gelingt es bereits Ende Juli 2012, die gute Hälfte der nötigen 4 Millionen Euro (5 Millionen USD) aufzutreiben.

Ein Bild von einem Baum

Majestätisch steht die Eiche da, eine Persönlichkeit für sich, deren Präsenz ohne schmückende Staffage durch den bewusst gesetzten Bildausschnitt unterstützt wird. Viele sehen in diesem Baum ein Selbstportrait Courbets, als Zeichen seiner Verwurzelung mit  der Umgebung seiner Kindheit oder als Demonstration der Stärke und Egozentrik des Künstlers. Andere wiederum finden darin ein Symbol „druidischer Weisheit“… Es bleibt viel Raum für Interpretationen.

Verwurzelt war er sicher mit seiner Heimat, dem Franche-Comté. Das erste Anliegen des Vertreters der realistischen Malerei, war es jedoch, die Natur in der er aufwuchs, so zu malen, wie sie war:

“Pour peindre un pays, il faut le connaître. Moi, je connais mon pays, je le peins, les sous-bois, c’est chez nous. Cette rivière, c’est la Loue, allez-y voir, et vous verrez mon tableau… “Gustave Courbet.

 („Um ein Land zu malen, muss man es kennen. Ich kenne mein Land. Ich male es, das Unterholz, das ist bei uns. Dieser Fluss, das ist die Loue, sehen Sie sich das dort an und sie werden mein Bild sehen…“)

Und er kannte diesen Baum sehr gut: Die Eiche befand sich auf dem Grundstück seiner Familie, wohlhabende Bauern aus Flagey, in der Nähe von Ornans deren renoviertes Haus man heute besuchen kann.

Mit Geschichte und Symbolik…

Es ging Courbet noch um etwas anderes: In seiner eigenen Ausstellung von 1867, gab der Künstler dem Gemälde den Untertitel: „Chêne de Vercingétorix, camp de César près d’ Alesia, Franche-Comté“. (Eiche von Vercingétorix, Lager von Cäsar in der Nähe von Alésia, Franche- Comté). Frankreich war zu dieser Zeit in 2 Lager gespalten: Den Demokraten, die die Eigenständigkeit der Regionen unterstützten und die Imperialisten, die hinter Napolen III standen. In diesem Kontext sind die Lanschaften Courbets häufig nicht nur Selbstzweck. Franz Zelger schreibt in einem Artikel der NZZ vom 3.11. 2007: “So visualisieren diese Landschaftsbilder metaphorisch verschlüsselt den Widerstand gegen die Regierung und die Pariser «décadence». Aber auch Einzelobjekte wurden als Symbole von Rechten und Traditionen der Region politisch aufgeladen. So die «Eiche von Flagey, genannt die “Eiche des Vercingetorix”(der als Gründer der Französischen Demokratie verstanden wird, Anm.) , die sich unter anderem gegen Napoleon III. als eine Reinkarnation Cäsars richtet.”

Die Eiche von Flagey existiert heute nicht mehr. Sie wurde vom Blitz getroffen. Aber bald können Sie das Bild in Ornans besuchen.

Bienvenue  á la maison…

P.S. Wer mehr zu Courbet und zu seiner Einstellung zur Landschaft lesen möchte, sollte den oben genannten Artikel von Franz Zelger lesen. Zu Alesia und Vercingetorix ist auch die Spenderseite für das Bild im Musée Courbet hilfreich.

Foto: Gustave Courbet, chêne de Flagey. Wikipedia gemeinfrei.

 

 

 

 

 

 

 

 

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