Dekonstruktion der Vergangenheit – oder was macht man mit zerbrochenem Porzellan?

Dass Porzellan ein zerbrechliches und zuweilen ein kostbares Gut ist, weiss Jeder. Doch was passiert, wenn einzelne Teile abbrechen oder das ganze Objekt in kleinen Stücken vor einem liegt? Genau: meist ist es, besonders bei wertvollen Gegenständen, eine Katastrophe.

Zwar kann ein sehr guter Restaurator das Stück oft so zusammensetzen, dass man wenig oder nichts mehr sieht, aber eine Wertminderung entsteht auf jeden Fall. Bei kleinen Restaurierungen, etwa einem Finger bei einer Figur, mag man noch ein Auge zu drücken. Je mehr ein Objekt restauriert wurde, desto schwieriger wird es, dieses wieder zu verkaufen. Und meist bleibt nur mehr der Weg, den (fast) alle zerstörten Porzellanobjekte gehen müssen: die “ewigen Jagdgründe”…

Aber es geht auch anders.

Anstatt den Schaden zu “reparieren”, könnte man die einzelnen Teile so belassen und etwas Neues daraus machen ohne den Charakter des Stückes zu zerstören.  Das klingt eigentlich wie ein Widerspruch in sich – ist es aber nicht. In einem Beitrag von Richard Rabel in seinem Blog “themodernsybarite” den ich heute beim surfen fand, wird gezeigt, dass es auch anderes geht: Nämlich mit dem holländisch stämmigen, in London lebenden Künstler Bouke de Vries. Ursprünglich hat er bei John Galliano gearbeitet, um dann sich als Porzellanrestaurator einen Namen zu machen. Auch er stand vor dem Problem, dass der Originalzustand von einem Objekt, selbst bei einer guten Restaurierung unwiederbringlich verloren war.

Aber ihm wurden zwei Dinge bewusst:

“Even it is broken, it still has all the skills of the original craftman in it”

…”But the second is history” 1)

Und: Die vielen antiken Figuren werden auch trotz ihrer fehlenden Gliedmassen bewundert. Warum eigentlich nicht auch Porzellanobjekte? Vom Trauma der Zerstörung führt er die Geschichte des Objektes weiter.  Er nennt es die “beauty of deconstruction”:

Binge drinker, 2009. 18th-century Meissen porcelain figure and mixed media, 240 x 140 x 330 mm. Private collection, London.

Foto: Tim Higgins für Bouke de Vries, London

 

Bei allen Objekten spürt man den Vanitas (Vergänglichkeits-) Gedanken, der seinen Ursprung in der holländischen Stilleben Malerei des 17. hat und hier zu neuem Leben findet.

Dead nature,explode Kang xi vase, 2010. 18th century Kang Xi vase and mixed media. 280 x 280 x 310 mm. Private collection, The Netherlands. Foto: Bei Bouke de Vries.

Die einzelnen Teile werden neu arrangiert, mit anderen Elementen verbunden und in einen anderen Kontext gebracht.

 

 

War & Pieces at The Holburne Museum, 2012, 19th-21st century porcelain, plastic, sugar, gilded brass and mixed.

Foto: Bei Bouke de Vries

Bouke de Vries kann derzeit seinen Aufträgen kaum nachkommen. Man darf gespannt sein, was noch kommt.

 

Weitere Bilder: issu.com/Bouke de Vries

1) Quelle Bouke de Vries, Homepage.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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