Ausstellungstipp: Feines Porzellan. Hohe Politik. Zum Caffée beim Wiener Congress 1814–1815

Noch bis 30. Mai 2015 im Porzellanmuseum im Augarten Wien.

Porzellan – Politisch? Aber ja. In vielerlei Hinsicht. Denn das “weisse Gold” war Selbstarstellung, Gastgeschenk zwischen den Monarchen, Adelhäusern und ein Zeichen von Prestige. Kein Wunder also, wenn die Wiener Porzellanmanufaktur eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten war, die die hohen ausländischen Gäste bei einem Aufenthalt in Wien zu besuchen wünschten.

In der Ausstellung befinden sich zwei vergoldete Teller. Die Kuratorin Claudia Lehner-Jobst erklärte uns bei der Führung, dass der Kaiser bei öffentlichen Anlässen nur von goldenem Geschirr essen durfte. Jedoch wurde ein grosser Teil der Silber und Gold Services des Hofes zur Herstellung von Münzen zur Finanzierung des Krieges eingeschmolzen. Um das Problem zu lösen, wurde ein komplett vergoldetes Service aus Porzellan in der für den Hof sehr kleinen Stückzahl für 24 Personen in Auftrag gegeben.

Tasse mit Untertasse mit Grotesken und Efeugirlanden, Kaiserliche Manufaktur, Wien um 1816, Marton Museum, Samobor Foto: Museum Marton

Tasse mit Untertasse mit Grotesken und Efeugirlanden, Kaiserliche Manufaktur, Wien um  1816, Marton Museum, Samobor Foto: Museum Marton;  Tassen wie diese, mit einem sehr aufwendigem Dekor dienten allerdings häufig nur als Schaustück und wurden nicht oder kaum verwendet.

Ein Leben ohne Kaffee war auch in Wien des beginnenden 19. Jahrhunderts nahezu undenkbar. Um so schlimmer war es, als die Wiener ganze 2 Jahre von ihrem Lieblinggetränk abstinent bleiben mussten: Napoleon verhängte 1811 eine Kontinentalsperre für den Handel mit Kaffee mit England. Der Kaffee wurde mit so hohen Zöllen belegt, so dass dieser nicht mehr leistbar war. Finanziell war diese Zeit für die Wiener Porzellanmanufaktur sehr schwierig, da keine Service mehr gekauft wurden. Die Entspannung kam jedoch, als 1813 die Kontinentallsperre aufgehoben wurde und sogleich 35 000 “Paar Kaffeschalen” quasi auf einen Schlag bestellt wurden.

Spannend fand ich die Tatsache, dass trotz der internationalen politischen Differenzen die einzelnen Manufakturen nicht mehr in Konkurrenz zueinander standen. War doch im 18. Jahrhundert die Produktion von Porzellan ein streng gehütetes Geheimnis, dem Arcanum: Jeder einzelner Mitarbeiter wusste nur genau so viel, wie er in seinem Arbeitsablauf zu erledigen hatte. Ein Austausch von Wissen, Erzeugnissen und Materialien über Landesgrenzen hinweg, wäre noch einige Jahrzehnte früher undenkbar gewesen. Die Direktoren der Fabriken besuchten sich gegenseitig, und besprachen ihre Spezialitäten: Wien war besonders gut in der Herstellung von Farben, Meissen wiederum, war bekannt für sein sehr weisses Porzellan oder Paris war spezialisiert in der Montage von Bronzeteilen auf dem edlen Geschirr.

Bei einem kleinen Detail musste ich schmunzeln: Eher bodenständig als nobel, aber dennoch zeitweise unverzichtbar bei edler Tafel, “mein” Kaisersemmerl, hier ein Exponat von 1864, dass sich zwischen einer Serviette im Rampenlicht einer Vitrine stolz zeigte.

Kaisersemmel

“Kaisersemmel”, Wien 1864, Porzellan. Mein Lieblingsausstellungstück gehört zur Permanenten Ausstellung des Museums.

Die Ausstellung ist noch bis 30. Mai zu sehen.

www.augarten.at

Obere Augartenstrasse 1

1020 Wien

Mo – Sa: 10-18 Uhr

Parallel zur Ausstellung im Porzellanmuseum Augarten zum gleichen Thema findet die Ausstellung

Europa in Wien – Der Wiener Kongress 1814/15 noch bis 21.6.2015

im Belvedere

Oberes Belvedere

Prinz Eugen-Straße 27

1030 Wien

Unteres Belvedere | Prunkstall | Orangerie

Rennweg 6, 1030 Wien

 

 

 

 

 

 

 

Share this post:
FacebooktwitterlinkedinFacebooktwitterlinkedin
Follow Notes about Art:
FacebooktwitterFacebooktwitter

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert